Berufliche Wiedereingliederung zahlt sich aus


21.12.21 - Eine erfolgreiche Wiedereingliederung von Verunfallten ist ein Gewinn für alle Beteiligten – auch finanziell.



In den Metallbau- und Landtechnikberufen ereignen sich immer wieder Unfälle, die zu Arbeitsunfähigkeit führen und hohe Kosten verursachen. Eine rasche Wiedereingliederung lohnt sich für alle Beteiligten.

Roberto Lascala* (47) verunfallte im April 2017 auf einer Baustelle schwer. «Ein fataler Sturz am späteren Nachmittag von einer Plattform in die Tiefe hat meinen rechten Arm zertrümmert. Zum Glück waren die Rettungskräfte kurz nach dem Unfall vor Ort. Im Spital schlief ich gleich ein und erst nach der ersten Notoperation wusste ich, dass es ein langer Weg sein wird, wieder einmal auf der Baustelle arbeiten zu können.» Durch intensive Physiotherapie konnte er seinen Arm regenerieren. Heute arbeitet er wieder bei seinem Arbeitgeber. Doch der Reihe nach.

In den Betrieben der Metallbearbeitung ereignen sich in der Schweiz jährlich ca. 40’000 Berufsunfälle. Fast jeder dritte Unfall führt zu einer Verletzung der Finger oder Hände und jeder fünfte Unfall zu einer Augenverletzung. Auch in den Landtechnikberufen passieren immer wieder Unfälle. Folgende Gefahren drohen Arbeitnehmenden in den Landtechnik- und Metallbauberufen:

  • mechanische Gefahren, wie sich stechen, schneiden, quetschen, getroffen oder von drehenden Teilen erfasst werden
  • Gefahren bei der Störungsbehebung oder Instandhaltung
  • Absturzgefahr, z. B. bei Montagearbeitsplätzen
  • gehörgefährdender Lärm
  • gesundheitsgefährdende Stoffe, z. B. Kühlschmiermittel, Schweissrauch, Metallstaub

Ein Unfall verursacht hohe Kosten
Verunfallen Mitarbeitende und werden für längere Zeit arbeitsunfähig, kann das für ein Unternehmen teuer werden. Es entstehen direkte Kosten für den Arbeitgeber, dazu gehören die Kosten für die Rekrutierung, Ausbildung und Bezahlung von Ersatzpersonen. Ausserdem steigen die Versicherungsprämien. «Nicht zu unterschätzen sind die indirekten Kosten, die durch den Ausfall des Mitarbeiters entstehen», sagt Simone Isermann, Mediensprecherin bei der Unfallversicherung Suva, «die indirekten Kosten sind viel höher als die direkten. Sie entstehen beispielsweise durch die Unterbrechung der Tätigkeit, qualitativen und quantitativem Rückgang der Produktion, Kundenunzufriedenheit, Verzögerungen und soziale Kosten durch die Verschlechterung des Betriebsklimas und Arbeitsüberlastungen».

Berufliche Perspektive statt Rente
Die Wiedereingliederung von verunfallten Personen ist ein Hauptziel der Suva. Seit 2016 gibt es das Programm «Anreize für Wiedereingliederung» (AbW). Mit dem Reintegrationsprogramm erhalten Betroffene eine berufliche Perspektive anstelle einer lebenslangen Rente. Seit dem Start von AbW wurden 276 Verunfallte wieder ins Arbeitsleben eingegliedert. 2020 waren es 67, davon 61 Männer und 6 Frauen. 52 Prozent verunfallten in der Baubranche, 48 Prozent in den Branchen Industrie und Gewerbe. 

Unterstützung durch Suva
Die Suva unterstützt Arbeitgeber mit zwei verschiedenen Arten von Anreizen. «Mit AbW unterstützen wir die Wiedereingliederung von Verletzten, indem wir Unternehmen, die sich aktiv an der Wiedereingliederung beteiligen, mit 20'000 Franken belohnen oder die Kosten für die Wiedereingliederung bis zu 20'000 Franken übernehmen» erklärt Simone Isermann. Zudem unterstütze die Suva auch Betriebe mit einem Pauschalbetrag von 20'000 Franken, die sogenannte Schonarbeitsplätze für Mitarbeitende schaffen, die nach einer längeren Abwesenheit eine schrittweise und therapeutische Einführung benötigen.

Schonarbeitsplatz fördert Wiedereingliederung
Der Schonarbeitsplatz ist ein fixer, dauerhaft vorhandener Arbeitsplatz, der ursachenunabhängig rein für Reintegrations- und Wiedereingliederungszwecke verwendet wird. Er beinhaltet eine den Umständen der verunfallten Person angepasste Tätigkeit. Der Schonarbeitsplatz wird von Seiten des Betriebes erschaffen und durch die Suva einmalig finanziell unterstützt. Er wirkt sich positiv auf den Wiedereingliederungsprozess aus und erleichtert es, die vollständige Arbeitsfähigkeit schrittweise und gezielt wiederzuerlangen.

Statt auf der Baustelle nun Teamleiter
Das Verhalten des Arbeitgebers bestimmt massgeblich, ob die Wiedereingliederung positiv verläuft. Roberto Lascala hatte einen verständnisvollen und grosszügigen Arbeitgeber: «Ich wusste, dass ich es schaffen kann. Die Unterstützung von meinem Arbeitgeber hat mich sehr zuversichtlich gemacht, obwohl es einige Rückschläge im Genesungsprozess gab. Als ich mitteilte, dass es bald zu einer Rückkehr käme, musste ich zum dritten Mal operiert werden. Damals war ich nicht mehr sicher, ob ich meinen rechten Arm je wieder bewegen könnte. Meine Familie war in diesem Moment ratlos und sah eine Wiederaufnahme meiner Arbeit als aussichtslos.» Seine kleine Tochter sagte zu Lascala: «Papi, jetzt bist du invalid und kannst nichts mehr machen». Das spornte ihn an: «Nun wusste ich, dass ich es schaffen kann, wenn ich konsequent neben der Physiotherapie auch noch weitertrainiere, um den geretteten Oberarm wieder in fast gewohnter Weise benützen zu können. An drei Tagen pro Wochen baute ich die Beweglichkeit wieder auf und konnte somit auch mit meinem Arbeitgeber beginnen, eine Zukunft zu planen. Ich konnte es nicht fassen, dass die Firma mir eine neue Tätigkeit anbieten konnte, nachdem ich 18 Monate lang abwesend war. Ein Traum wurde war: Als Teamleiter statt auf der Baustelle tätig zu sein, durfte ich mit neuen Aufgaben mein Know-how einbringen und mit meinem geschätzten Vorgesetzten Ivan wieder zusammenarbeiten.»

Gewinn für alle
Im Jahr 2020 hat die Suva rund 1,6 Millionen investiert, um Verunfallte ins Arbeitsleben wiedereinzugliedern. Dadurch konnte die Unfallversicherung über 20 Millionen Franken an Taggeld- und Rentenkosten einsparen. Eine erfolgreiche Wiedereingliederung von Verunfallten ist ein Gewinn für alle Beteiligten – auch finanziell. «Weniger Taggeld- und Rentenkosten kommen allen Suva-Versicherten in Form tieferer Prämien zugute» sagt Simone Iserman. 

Jetzt aktiv werden
Wollen Sie einen Schonarbeitsplatz in Ihrem Betrieb einrichten oder haben Sie allgemeine Fragen zum Thema Wiedereingliederung? Wenden Sie sich an die zuständige Agentur in Ihrer Region oder direkt an die Ansprechpersonen der Suva im Hauptsitz Luzern. Zusätzliche Orientierungs- und Handlungshilfen für Ihre Tätigkeit zu Arbeitsplatzerhalt und Eingliederung finden Sie auch auf dem Informationsportal Compasso. Werden Sie jetzt aktiv.

*Fallbeispiel/Quelle/Bild: Suva.

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