Brücke aus dem 3D-Drucker


26.02.24 - Die weltweit erste Brücke aus dem 3D-Drucker, eine rund 12 Meter lange Stahlstruktur in futuristischem Design, überbrückt einen Kanal in Amsterdam.



Diese futuristisch anmutende Fussgängerbrücke in Amsterdam ist nicht aus verkehrstechnischen Bedürfnissen heraus entstanden. Vielmehr handelt es sich um ein Kunstprojekt, das die heutigen und künftigen Möglichkeiten des 3D-Drucks im Stahl- und Metallbau ins Licht der Öffentlichkeit rücken soll. Von 2021 bis Herbst 2023 überbrückte die weltweit erste mittels «WAAM» erstellte Brücke einen Kanal im berühmten «Rotlichtviertel» Amsterdams. 

Das rund 12 Meter lange Bauwerk aus fünf Tonnen rostfreiem Stahl entstand durch eine Zusammenarbeit der renommierten Bauingenieure von Arup, dem Künstlerkollektiv Joris Laarman Lab und der niederländischen Softwarefirma MX3D, die auf den robotergestützten 3D-Druck für den Metall- und Stahlbau spezialisiert ist. Involviert in das Projekt als Lieferanten von Know-how, Finanzierung und Material waren unter anderem auch die Robotik-Division von ABB und der Stahlproduzent Arcelor Mittal. 

Ein Novum: «WAAM» im Stahlbau
Die optimale Einstellung der Schweissroboter ist eine der bedeutenden Herausforderungen beim 3D-Druck von Metall. Je nach Materialbeschaffenheit, gewünschter Grösse, Dichte und Qualität des Endprodukts müssen z.B. Geschwindigkeit und Temperatur unterschiedlich programmiert werden. 

MX3D hat sich auf das sogenannte «Wire Arc Additive Manufacturing» (WAAM) spezialisiert und eine Software entwickelt, die den Weg vom CAD-Modell zum gedruckten Teil ermöglicht. Die Amsterdamer Fussgängerbrücke war das erste Projekt von MX3D im Bereich Stahlbau. Dabei wurden sämtliche Teile (ausser der nicht-metallischen Abdeckung) mit 316L-Edelstahldraht in einer Werkhalle hergestellt. Dazu benötigte die Firma vier Roboter und ein Team von fünf Personen, davon zwei für die Überwachung der Roboter. Die Roboter liefen in diesem Projekt nur tagsüber, die Herstellung dauerte sechs Monate. Heute könnte man die Produktionszeit im kommerziellen Einsatz deutlich verringern, eine Aufsichtsperson für vier Roboter würde genügen. 

Meilenstein für 3D-Drucktechnik im Bauwesen
Die Brücke vereint künstlerische Ideen mit bautechnischer Machbarkeit. Das Künstlerkollektiv Joris Laarman Lab stellt ansonsten mittels 3D-Druck vorwiegend Metallskulpturen in organischen Formen her. Mit dem Brückenprojekt spielte es erstmals in einer mehrfach höheren Liga. Schliesslich muss das Bauwerk gesetzliche Stabilitätskriterien erfüllen, zertifiziert und genehmigt werden. Für den Bau einer Brücke mittels «WAAM»-Technik gab es noch keinerlei Präzedenzfälle und Erfahrungswerte. Ein Scheitern bei der Zertifizierung hätte den Glauben an die 3D-Drucktechnik im Bauwesen auf Jahre hinaus beeinträchtigt. Mit der offiziellen Genehmigung und dem Betrieb dieser Brücke von 2021 bis 2023 an viel frequentierter Zentrumslage in Amsterdam hat das Projekt bewiesen, dass 3D-Drucktechnik im Metallbau künftig ernst zu nehmen ist. 
Bestaunen Sie das Bauwerk im Video und lesen Sie den ausführlichen Bericht in der Fachzeitschrift «Modern Steel Construction» (in Englisch). 

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